Ausstellungsarchiv 1999

19. Februar bis 30. Mai 1999
Emmanuel Radnitzky wurde am 27. August 1890 als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in Philadelphia geboren. Bekannt und berühmt wurde er unter dem Pseudonym MAN RAY: Man, der Mensch, aber auch Rufname für Emmanuel, und Ray, das neue Licht, das auf die Erde fällt.
Man Ray wuchs in einem typisch hebräischen Milieu auf, von Beginn an fügte sich seine Kunst nie in die amerikanische Tradition ein, die ihm eigentlich immer fremd blieb.
Nach Abschluß der High School, die Familie war mittlerweile nach New York übersiedelt, studierte er nicht Malerei an einer traditionellen Akademie, sondern besuchte 1912 einen Kurs für Aktzeichnen am Ferrer Center in New York, ein Treffpunkt für unangepaßte Künstler, in denen Man Ray sofort Gleichgesinnte fand. Amerika war für ihn kein Vorbild, sondern ein Instrument, das er benutzte, um seine Ideen zu formulieren.
Ab 1913 besuchte er regelmäßig den Fotografen und Pionier der Fotokunst Alfred Stieglitz, der in New York auch eine Galerie besaß. Zu diesem Zeitpunkt verliefen Man Rays künstlerische Aktivitäten bereits zweigleisig: er widmete sich der Fotografie und der Malerei. 1913 war auch jenes Jahr, in dem Man Ray nach Ridgefield/New Jersey zog. Dort war eine Künstler- und Schriftstellerkolonie entstanden, der es um geistigen Aufbruch ging.
Von enormer Wichtigkeit für Man Ray war in dieser Zeit die Begegnung mit Marcel Duchamp, ein ebenso großer Querdenker, der gerade aus Frankreich gekommen war. Es entstand eine enge Verbindung zwischen den beiden Künstlern. Gemeinsam mit Duchamp begründete er 1917 die New Yorker Dada-Bewegung.
Man Ray wie Duchamp kümmerten sich nicht um den Zug der Zeit. Ihnen ging es nicht um den sichtbaren Ausdruck in der Malerei. Sie wollten Ideen malen. Ihre Bedeutung für die Moderne lag darin, aufzuzeigen, daß es bei einem Kunstwerk um eine geistige Beziehung geht, daß ein Kunstwerk dem Betrachter nicht nur gefallen soll. Dafür drückten sie sich in Allem aus: Collagen, Montagen, Objekten. Die reine Malerei wurde zur Nebensache. Man Rays Kunst wurde immer rätselhafter. Ganz im Sinne des Dadaismus ironisierte er mit unermüdlicher Erfindungsgabe die Dingwelt, überführte sie vom Zustand des Nützlichen in den der Nutzlosigkeit. Kommerziell nicht besonders erfolgreich, stellte er einige Male in New York aus, stieß aber auf Unverständnis und Ablehnung.
1921 verließ er schließlich Amerika und ging nach Paris, eine Stadt, die die originellsten und aufsässigsten Künstler aus vielen Teilen Europas anzog. Marcel Duchamp, der mittlerweile wieder nach Frankreich zurückgekehrt war, empfing Man Ray mit offenen Armen und stellte ihn seinen dadaistischen Künstlerfreunden vor. Man Ray fühlte sich in Paris sofort heimisch. Zum ersten Mal in seinem Leben wurde er wie ein hoch angesehener Künstler und Freund aufgenommen. Die Pariser Künstler orientierten sich sehr stark an Man Ray. Er wurde für sie zur enormen Bereicherung, indem er eine große Sicherheit verbreitete und genau wußte wohin er ging und was er wollte. Sofort bot man ihm Ausstellungsmöglichkeiten an. Daneben entstanden zahlreiche Gedichte und Künstlertexte, seine Fotografie und Malerei nahmen vielfältige Formen an. Schließlich entstanden in dieser künstlerisch fruchtbaren Umgebung 1922 seine berühmten Rayographien, eine der außergewöhnlichsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts. Die Entstehung der Rayographien war ein vollkommen surrealer Akt: Man Ray fotografierte die Seele der Dinge ohne Hilfe der Kamera, indem er einen Gegenstand zwischen lichtempfindliches Papier und einer Lichtquelle hielt.
So entstanden Schwarz-Weiß-Ablichtungen mit diffusen Konturen, die von jedermann begeistert aufgenommen und für den Surrealismus von bedeutender Anregung wurden. - Man Ray, ein Magier des Lichts, ein Zauberer neuer phantastischer Formen.
Die Fotografie gewann für Man Ray immer mehr an Bedeutung. Er mietete sich ein eigenes Fotostudio im Herzen von Montparnasse. Mit der Zeit entstanden so tausende Porträts von Malern, Schriftstellern, Dichtern, Tänzerinnen und Modellen seines Viertels. Mit vielen seinen prominenten Künstlerzeitgenossen verband ihn eine Freundschaft, so z. B. mit Pablo Picasso, George Braque oder Salvador Dalí.
Gleichzeitig arbeitete Man Ray auch für die wichtigsten surrealistischen Zeitschriften, vernachlässigte dabei aber auch seine Malerei nicht. Im Gegenteil: Er malte ungemein viel in dieser Zeit. Diesseits und jenseits des Surrealismus. Es waren phantastische, träumerische und widerspenstige Bilder.
Doch die Malerei alleine genügte ihm nicht. Unter der Oberfläche rumorte noch immer der Geist Dadas und brachte ein scheinbar übertriebenes Objekt nach dem anderen hervor, jedes einzelne die Grenzen der Alltagswirklichkeit überschreitend. Seine über alles geliebten, paradoxen Dada-Objekte betitelte er selbst als Objects of My Affection (Objekte meiner Zuneigung). Seine Objekte sind „unmöglich“, Gedenken-Objekte, bei denen das Unmögliche Realität wird und die Realität sich in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit zeigt. Kein anderer Teil seiner Kunst versinnbildlicht so typisch Man Rays Absichten: Er wollte amüsieren, verwundern, Ärger und Nachdenklichkeit erzeugen, niemals aber Bewunderung für die Qualität der handwerklichen Ausführung erregen, die man in Kunstwerken normalerweise sucht.
Der Einmarsch der Deutschen in Frankreich beendet diese für Man Ray so glückliche und unbeschwerte Zeit. Als Jude mit amerikanischer Staatsbürgerschaft gelang es ihm 1940 gerade noch rechtzeitig nach Amerika zu fliehen. In New York, wo er sich nach wie vor wie ein Fremder fühlte, beschäftigte er sich intensiv mit Malerei und seinen geliebten Objekten, die Fotografie wurde in ihrer Wichtigkeit etwas zurückgedrängt. Trotz künstlerischer Anerkennung, zahlreichen Ausstellungen und Kontakten zu wichtigen Persönlichkeiten, erwartete Man Ray ungeduldig das Ende des Krieges und verließ Amerika 1951 endgültig in Richtung Paris, der einzigen Stadt, in der er sich immer zu Hause gefühlt hatte.
In seinem Pariser Atelier, das er bis zu seinem Tode am 18. November 1976 kaum verließ, fand er zu seinen dadaistischen Anfängen zurück. Seine Objekte wurden immer rätselhafter, aber auch immer poetischer. Galeristen und Museumsleiter aus aller Welt bemühten sich darum, seine Werke auszustellen. Endlich geschah das, was Man Ray sich in den ersten mühsamen Jahren in Amerika nie hätte träumen lassen.

18. Juni bis 26. September 1999
Der Autodidakt Jean-Michel Basquiat, 1960 in Brooklyn/USA geboren, begann seine künstlerische Laufbahn als Graffiti-Sprayer auf der Straße. Unter dem Pseudonym SAMO (= Same Old Shit) zeichnete er poetische, philosophische und satirische Botschaften auf die Mauern von Manhattan und verkaufte - um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten - Postkarten mit eigenen Collagen und selbstbemalte T-Shirts. In einem Restaurant in Soho kaufte Andy Warhol eine dieser Postkarten. Basquiats Graffitis erregten nun bereits großes Aufsehen in New Yorker Kunstkreisen, 1980 nahm er zum ersten Mal an einer Gruppenausstellung in den Bronx teil. Sie wurde für ihn zum großen Erfolg. Bereits ein Jahr später nahm Basquiat mit berühmten Künstlerkollegen wie Keith Haring und Andy Warhol in New York an einer Ausstellung teil, die ihm die Anerkennung seines Talents und zunehmende Berühmtheit einbrachten.
Jean-Michel Basquiat entwickelte eine von Symbolen, Gedichten und Kommentaren durchsetzte Bildwelt, deren Themen seinen kulturellen Hintergrund widerspiegelten. Er wandte sich gegen den Rassismus, gegen jede Art der Diskriminierung, gegen Gewalt und Intoleranz. Basquiat wurde in seinen Werken von Dichtern, Schriftstellern und Jazzmusikern der damals bekannten Beat-Generation beeinflußt. Vor allem aber bewunderte er Andy Warhol. Basquiats Thematik, so sagte er selbst, seien „Könige, Helden und die Straße“. Die Krone als sein häufigstes Motiv wurde zu seinem Markenzeichen. Auf der Leinwand und dem Papier reagierte er auf tägliche Ereignisse, Rassenfragen und sozialpolitische Themen. Auf seinen Gemälden wird sein Zorn im Kampf der Schwarzen für Gleichheit und Menschenrechte deutlich. Daneben kommen auch Themen der Kunstgeschichte, aber auch die Todesthematik zur Sprache. Das Gesicht und der menschliche Körper stehen im Mittelpunkt seines Werkes.
Neben den Gemälden sind die Zeichnungen ein essentieller Bestandteil von Jean-Michel Basquiat. Da er selbst keine hierarchische Unterscheidung zwischen Zeichnung und Gemälde traf, ist zwischen seinen Gemälden und seinen Zeichnungen häufig kein Unterschied zu machen, abgesehen vom verwendeten Untergrund, Papier oder Leinwand. Mit Graphit, Wachsstiften, Aquarell oder Acryl malte und zeichnete er schnell und spontan, Retuschen wurden sofort und sichtbar durchgeführt. Er arbeitete in einer Geheimsprache, die er selbst codiert und erfunden hatte und die der Betrachter entziffern soll.
Von den Großen nahm er sich vor allem Picasso, DeKooning und Franz Kline zum Vorbild. Im Vergleich mit Paul Klee kommen überraschende Ähnlichkeiten in der Ästhetik und in der verwendeten Technik zum Vorschein. Ähnlich wie Jean Dubuffet zeigt Basquiat ein ausgeprägtes Interesse für naive und destrukturierte Kunst.
Er selbst gilt international neben Keith Haring, Kenny Scharf, Julian Schnabel, David Salle u.a. als einer der begabtesten und aufregendsten Künstler im New York der achtziger Jahre.
Die Ausstellung in der Stadtgalerie Klagenfurt umfaßt die gesamte Schaffensperiode (1979 bis 1988) des Künstlers. Sie gibt einen Überblick über alle, im Laufe seiner Karriere verwendeten Techniken. Gezeigt werden 100 Arbeiten auf Papier, darunter auch seltene Jugendwerke wie Z.B. seine Anfangswerke „Post cards“, aber auch Pastellzeichnungen, Acrylcollagen und Drucke. Die 5 großformatigen Ölbilder sind auf verschiedenem Untergrund gemalt (Leinwand, Holz).
Die Präsentation in Klagenfurt ist eine Mixtur von zwei verschiedenen Wanderausstellungen, die seit 1997 in diversen Museen in Süd-Amerika (Musee des Beaux Arts de Buenos Aires, Pinacotheque de Sao Paolo) und Asien (Kaohsiung Museum of Fine Arts, Hongkong) zu sehen waren. Für Klagenfurt wurde davon eine spezielle Auswahl getroffen.

7. Oktober 1999 bis 9. Jänner 2000
Der Ausstellung „The pure art of painting“ liegt das Konzept zugrunde, den Prozeß sichtbar zu machen, durch den eine Revolution hervorgerufen wurde, die vor fast einem Jahrhundert in der russischen Kunstwelt stattgefunden hat. Das Werk der russischen Avantgarde wird mit Hilfe der eigenen Begriffswelt der Künstler präsentiert, mit ihrem eigenen Verständnis, ihrer eigenen Ausdrucks- und Malweise.
Es ist dies das erste Mal, daß die Kunst der russischen Avantgarde tatsächlich von „innen“ her dargestellt wird. Mit dieser Sichtweise von innen nach außen hat diese Ausstellung die Elemente Farbe, Raum und Struktur in all ihrer Vielfalt und Schönheit zum Thema.
Alle rund 100 ausgestellten Werke (Ölbilder, Gouachen, Aquarelle und Kreidezeichnungen) von 20 wichtigen Vertretern des Russischen Konstruktivismus und Suprematismus wie etwa Malewitsch, Tatiin, Lissitzky, Archipenko oder Rodtschenko stammen aus spanischem, englischem, schweizerischem und französischem Privatbesitz sowie aus der weltweit berühmtesten Sammlung russischer Konstruktivisten, der griechischen Sammlung George Costakis. Alle Werke sind in Österreich erstmals zu sehen und wurden exklusiv nur für Klagenfurt zusammengestellt.