Ausstellungsarchiv 2008

13. März 2008 bis 18. Mai 2008
Absurd und anmutig zugleich wirken die Architekturen, die Annette Streyl (*1968 in Münster) im Maßstab 1:100 in Strickmaschen umsetzt. Teils präsentiert die in Hamburg lebende Künstlerin ihre in Stoffhüllen transformierten Bauwerke beiläufig wie Wäschestücke auf der Leine, teils verleiht sie ihnen durch Gerüste plastische Gestalt.
Vorbilder ihrer Strickkreationen („Maschen der Respektlosigkeit“) sind meist kulturell signifikante Gebäude wie der Reichstag oder der Palast der Republik in Berlin, aber auch ein IKEA-Center und McDonalds-Gebäude sind Bestandteil ihres Repertoires. Durch Übersetzung realer Bauwerke in das Material von Kleidungsstücken hinterfragt die Künstlerin spielerisch die Rolle sinnbildlicher Bauten in unserer Gesellschaft. Streyls feinmaschiges Woll-Architektur-Programm verweist auf die Fragilität der politischen und sozialen Konstruktionen, in denen der Mensch sich vermeintlich dauerhaft einrichtet. Die gelernte Steinbildhauerin konterkariert die beabsichtigte Wirkung der steinernen Vorbilder von Macht und Einschüchterung durch den Einsatz des Materials Wolle.
Parallel zu ihren Strickhäusern sind ihre so genannten "Männer mit Modell" zu sehen: wundersame, kleinformatige Steinfiguren, die - wie etwa bei "Mann mit Reichstag Berlin" - aus einer männlichen Gestalt (hier ein Gerhard-Schröder-Look-Alike) samt gleich großem Bauwerk bestehen. Sie zeigen, wie mächtige Männer mit symbolhaften Gebäuden umgehen: so benutzt z.B. der deutsche Ex-Kanzler Schröder den Reichstag als Rednerpult.
Bei den „Alltagssteinen“ befasst sich die Künstlerin mit Requisiten moderner Lebenswirklichkeit wie Briefkasten, Stromkasten, Litfass-Säule oder Mülltonne, die sich dem Stadtbewohner überall in den Weg stellen und zumeist übersehen werden. Für Annette Streyl sind es Wegmarkierungen des modernen Menschen. Also lenkt sie den Blick auf diese missachteten Alltagsobjekte, indem sie sie – verspielt und ironisch zugleich – zum Thema macht.
Eine weitere Werkgruppe bilden 1 cm dicke Kalksteinplatten, für deren Vorlage Abbildungen von sozialem Wohnungsbau der 20er/30er Jahre aus Berlin und Hamburg dienten. Die Arbeiten besitzen sowohl eine gewisse Kühle und Anonymität als auch eine gewisse Ästhetik, wie ihre realen Vorbilder. Sie spielen mit der Illusion von Räumlichkeit, die bei z.B. perspektivischer Zeichnung aus jedem Blickwinkel funktioniert Hier jedoch löst sich diese Illusion, sobald der Betrachter einen "falschen" Blickwinkel einnimmt, auf.







5. Juni bis 14. September 2008
Das gesamte graphische Werk von Henri de Toulouse-Lautrec entstand am Ende eines ebenso kurzen wie intensiven Lebens. Innerhalb von nur einem Jahrzehnt schuf der aus dem französischen Hochadel stammende Künstler, fasziniert von den Möglichkeiten einer damals neuen Technik, über 300 meist farbige Steindrucke. Seine von japanischen Holzschnitten inspirierten Farblithographien wurden mit ihren starken Kontrasten und der Verbindung von Schrift und Bild stilistisch zum Ausgangspunkt der modernen Druckgraphik.
Der seit einem Unfall kleinwüchsige Aristokrat verbrachte seine Zeit vorwiegend in den Cafés, Cabarets, Bars und Bordellen rund um den Montmartre und schilderte diese Umgebung ohne Überheblichkeit und ohne falsches Mitleid. Mit seinen ungeschminkten Szenen des mondänen Pariser Nachtlebens prägte Lautrec ganz entschieden das Bild einer legendären Zeit, der so genannten „Belle Epoque“.
Toulouse-Lautrec war ein großer Darsteller des einfachen Menschen. Mit unbestechlicher Genauigkeit zeigte er ihn nicht in einer anonymen Gruppe, sondern als Persönlichkeit, als Individuum, dem er sich innerlich zutiefst verbunden fühlte. Mit scharfem Auge erfasste er die Schönheit und die Hässlichkeit, die Fehler und die Schwächen des Einzelnen, ohne ihn bloßzustellen. Er war kein Karikaturist, sondern ein scharfer Beobachter seiner Umwelt, der die dekadenten Emporkömmlinge und eitlen Bürger verachtete, aber voller Mitgefühl den Alltag, die Würde und das Elend der „kleinen Leute“, der Straßenmenschen, der Kleinkünstler und Prostituierten erzählte.
Die Ausstellung vereint die berühmtesten Plakate, Einzelblätter und Folgen von Henri de Toulouse-Lautrec, der mit seinem künstlerischen Werk zu einem Wegbereiter der Kunst des 20. Jahrhunderts wurde. In seiner Produktivität und Kreativität war Toulouse-Lautrec unvergleichlich, dies wird vor allem neben Werken seiner berühmten Zeitgenossen wie Jules Chéret, Alfons Mucha, Théophile-Alexandre Steinlen oder Pierre Bonnard deutlich. Sie alle haben mit Plakaten, aber auch auf graphischen Einzelblättern für Zeitschriften und in Mappenwerken um die Wiedergabe der Stars vom Montmartre - einer Loïe Fuller, Jane Avril, Yvette Guilbert, Marcelle Lender und eines Aristide Bruant - gewetteifert.
Eine Ausstellung der Ernst Barlach Museumsgesellschaft Hamburg in Zusammenarbeit mit der Stadtgalerie Klagenfurt.



2. Oktober 2008 bis 18. Jänner 2009
In der heutigen Zeit ist in unserer Gesellschaft der Konsum die „erste Bürgerpflicht“ und zur „leitenden Ideologie“ geworden. Vergessen die Aufrufe der 70er Jahre zum Konsumverzicht, um der Selbstentfremdung durch den Konsumterror Einhalt zu gebieten. Selbst- und Fremdwahrnehmung funktioniert wieder vermehrt über den Kauf und Einsatz bestimmter Produkte die „man haben muss“ und ihrer vermeintlichen Aura. KUNST und KONSUM stehen dabei in einer Wechselbeziehung, nähern sich in ihrer Ästhetik einander an.
Die Ausstellung vereint acht Positionen vollkommen unterschiedlicher junger KünstlerInnen aus Deutschland, die diese Wechselbeziehung von KUNST und KONSUM und die Allgegenwart von Konsum und Werbung sehr spielerisch und ironisch reflektieren und bewerben. Der Titel verweist augenzwinkernd darauf, dass die Aura, die die Werbung suggeriert, von geringer Haltbarkeit sein kann, schneller Konsum ist angebracht („best before...“ – „haltbar bis...“).
Stephanie Guse, Hans Kotter, Heike Weber, Walter Eul, Jörg Koch, Michael Nitsche, Ulrik Happy Dannenberg, Ralf Edelmann.



