Dietmar Franz
21.11.2012 bis 6.01.2013
„FREUNDLICHE ÜBERNAHMEN sind in den letzten 2 Jahren
entstandene Graphitzeichnungen auf kreisrunden Sperrholztafeln (sog.
"Tondi " in den Formaten 25, 50 und 100 cm), in denen ich einerseits
allgemein bekannte Künstlerkollegen und deren Hauptwerke wie z. B. Peter
Brueghel d. Ä. "Jäger im Schnee" von 1565 oder Monets "Seerosenbilder"
aus dem Fundus der Kunstgeschichte zitiere, andererseits werden genauso
Positionen und Projekte aktuellen Kunstgeschehens im öffentlichen Raum
wie etwa Urs Fischers " Wachsskulptur" nach Giambolognas Marmorskulptur
"Raub der Sabinerin ", Biennale Venedig 2011, mit kleineren und größeren
"Eingriffen" versehen, deren Geist und Form respektiert und
gleichzeitig liebevoll ironisch unterlaufen.“ Dietmar FRANZ
Dietmar Franz ist in das Thema „Freundliche
Übernahmen“ mit Pieter Brueghels „Jäger im Schnee“ eingestiegen.
Mittlerweile gibt es mehrere Varianten: die Heimkehr der Jäger nach
Wien, Salzburg, Klein St. Paul, Hüttenberg, Treibach, ins Zollfeld und
ganz aktuell „Die Heimkehr der Jäger nach Klagenfurt“. Einen guten
Hochstand zu finden, von dem der Künstler (wie im Original) auf die
Landschaft herabsehen kann, war dabei nicht immer leicht zu finden -
speziell in Wien muss man erstmal einen erhöhten Standpunkt finden.
DIE HEIMKEHR DER JÄGER nach Brueghel und Klagenfurt 1565, Graphit auf Sperrholz, 2012
Die Jäger bleiben immer dieselben, immer original.Was Franz verändert ist nur der Ausblick auf die Landschaft, die Bäume rund um die Jäger und bei der St. Pauler Variante auch die Jahreszeit: es zeigt sich kein Schnee, es ist Sommer in Kärnten. Bei der Heimkehr der Jäger ins Zollfeld platziert der Künstler die Jägerschaft außerdem spiegelverkehrt rechts und lässt sie von zwei Abfangjägern begleiten.
Als Vorlage zur zeichnerischen Umsetzung dienen 1:1
s/w Kopien von Fotos aus dem Privatarchiv. Ausstellungssituationen in
Museen, Werke der alten und neuen Kunstgeschichte, die Dietmar Franz
besonders beeindrucken, aktuelle Geschehnisse, Landschaften und Gebäude,
die ihn inspirieren, ganz persönliche Urlaubserinnerungen –
all das verarbeitet der Künstler in seinen
„Freundlichen Übernahmen“: da sinkt die Costa Concordia in einem wenig
bekannten Bild namens „Ansicht des Vesuvs von Capo di Filiposi“ von Carl
Ludwig Catel aus dem Jahre 1823, das Dietmar Franz zufällig im
Dorotheum zwischen die Finger gekommen ist.
Costa Concordia nach Capo di Filiposi 1823
In einem anderen Beispiel blicken die Köpfe Giacomettis stumm und
majestätisch in eine Richtung vor dem Hintergrund einer fragil wirkenden
Parklandschaft im Schnee – eine Ausstellungssituation, wie sie Dietmar
Franz im Museum der Moderne in Salzburg vorgefunden hat; eine Villa am
Wörthersee mit Seerosenteich (mit dazu geschmuggelten fetter Hecht aus
dem Internet) inspiriert ihn zum Titel „Monet today“.
Dietmar FRANZ, Monet - today, Graphit auf Sperrholz, 201
Und immer wieder, und das ist eine neue Komponente in seinem Werk,
taucht auch sein eigens Konterfei auf: der tote Christus im berühmten
gleichnamigen Werk Andrea Mantegnas zeigt das Antlitz von Dietmar Franz,
im „Türkischen Bad“ von Ingres sitzt der Künstler selbst als Rückenakt
im Vordergrund, beim „Raub der Sabinerin“ nach Urs Fischers
Biennalebeitrag von 2011 taucht er sogar zweimal auf.
Raub der Sabinerin, nach Urs Fischer, 2011
Bis zu drei Wochen arbeitet Dietmar Franz an einem Werk. Diesem Teil gehen lange, intensive Recherchen voran. Die Komposition muss vor dem eigentlichen Zeichenvorgang bereits im Kopf und auch als Entwurf fix und fertig sein. Am Holz ist nichts mehr änderbar. Es ist kein freies Zeichnen. In klassischer Manier werden Raster gezogen und von links nach rechts in schmalen vertikalen Streifen von oben nach unten mit Graphitstiften in unterschiedlichster Härte und Stärke feine Linien auf dem runden Sperrholz gezogen. Meist wird der Unterboden grundiert, manches Mal aber auch direkt auf das Holz gezeichnet und so die Maserung des Holzes miteinbezogen.
Mit großem Respekt vor dem jeweiligen Thema entspricht schließlich das Endergebnis ganz der Umschreibung, was „Freundliche Übernahmen“ in der Sprache der Ökonomie eigentlich sein sollten: das Vereinnahmen eines gleichgesinnten Unternehmens zum Wohle und Glanz beider Betriebe, ohne das einer der Beteiligten darunter leidet oder seine Eigenständigkeit dabei verliert.